Davor und Danach (Nicky Singer)

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Inhalt (Dressler Verlag):

Was zählt, wenn die Welt am Abgrund steht? Verändern Klimawandel und Flucht unsere Menschlichkeit?
Die 14-jährige Mhairi lebt in einer Welt in der es zu viele Menschen gibt und Wasser nur noch im Norden zu finden ist. Sie besitzt zwei Dinge: einen Revolver und ihre Papiere. Ihr einziges Ziel ist es, zu überleben. Dank ihrer Papiere wird es Mhairi bis in den Norden schaffen. Hoffentlich. Doch dann trifft sie kurz vor dem Grenzpunkt einem kleinen Jungen. Ist sie bereit, alles für ihn zu riskieren?

Spannend, politisch und hochaktuell – dieser Roman von Nicky Singer ist so brisant wie die Jugendbücher „Die Wolke“ oder „Nichts“ von Janne Teller. Eine berührende Geschichte über Klimawandel, Überbevölkerung und den Umgang mit Flüchtlingen.

384 Seiten · gebunden ♦ 14.5 x 21.0 cm ♦ ab 14 Jahren ♦ EUR 19,00 · EUA 19,60
ISBN-13: 978-3-7915-0100-0 ♦ EAN: 9783791501000 ♦ Erscheinungstermin: Januar 2019

Dresser Verlag

 

Bewertung 4 von 5 Sterne:lrg_dsc04154

Wer mich etwas länger kennt weiß, dass ich einer bestimmten Spezies angehöre: umgangssprachlich auch als Cover-Lover bekannt, schleichen Vertreter dieser Gattung scheinbar tiefenentspannt durch eine Buchhandlung um dann wie von magischer Hand geführt ein Buch anzupeilen (möglich aus bis zu 6-7m Entfernung, je nach Lichtverhältnissen), in die Hand zu nehmen und mit Begeisterung zu betrachten. Erst nach Bestehen dieser ersten optischen Prüfung widmet sich der gemeine Cover-Lover dem Klappentext. An diesem Punkt ist die Kaufentscheidung allerdings schon zu 50% gefallen. Augenzeugenberichte zufolge wurde in der Buchhandlung unseres Vertrauens am Samstag ein solches Exemplar gesichtet.

Das war ich.

So locker der Beginn meiner heutigen Rezi auch ist  – das Buch „Davor und Danach“ ist das absolute Kontrastprogramm. Und genauer dieser Kontrast besteht auch zwischen Cover und Inhalt.

Das Buch spielt in einer Zeit nach 2049 – es müsste sogar noch eine ganze Ecke später sein. Im Buch befinden sich einige wenige diesbzgl. Hinweise, die aber keine ganz klare Aussage dazu treffen.  Die Erde hat viele Probleme: Klimawandel, Wetterextreme, Überbevölkerung, …. Das Buch spielt sich zu 95% in den Gedanken der 14-jährigen Mhairi ab. Das ist zunächst mal eine Umstellung, ich habe mich aber schnell umgewöhnen können. Mhairi befindet sich allein auf der Flucht Richtung Norden, als sie einen stummen Jungen trifft. Direkt zu Anfang wird der Leser klar darauf eingeschossen, dass Mhairi schon viel mehr erlebt hat als die meisten anderen Teenies. Denn so schön und glitzernd das Cover ist – der Inhalt dieses Buches hat mit Glitter und Glamour nichts zu tun.

Überleben ist alles – das ist Mhairis Mantra. Es dauert eine geraume Zeit, bis der Leser weitere Einblicke in die gesellschaftlichen Strukturen bekommt. Da hätte ich mir etwas mehr gewünscht, da blitzt das Genre Dystopie leider etwas zu wenig durch. Die vorhandenen Ansätze finde ich allerdings sehr gut gewählt. Der Weg bis dahin war für mich als Leser stellenweise etwas lang – zwischenzeitlich fand ich die Gedankenfetzen etwas trocken. Aber dran bleiben lohnt sich.

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Die Geschichte ist naturgemäß sehr beklemmend. Ich finde es hervorragend, dass die erschütternden Erlebnisse auf der Flucht größtenteils nur angerissen und nicht detailiert dargestellt werden – so passt es zu der gedanklichen Erzählwelt. Die schlimmsten Ereignisse bezeichnet Mhairi selbst als eingeschlossen in ihrer FESTUNG. Es werden keine detailierten Erlebnisberichte offenbart – zum Glück, denn dann hätte ich das Buch sicherlich abgebrochen.

Ich vermute das Werk wird die Gemüter spalten  – denn es ist in meinen Augen wie gesagt keine astreine Dystopie. Dafür ist zu wenig Handlung (im eigentlichen Sinne) enthalten. Gut gefallen haben mir die inneren Dialoge Mhairis mit ihrem Papa. Das waren die Stellen, an denen ich eine Verbindung zu Mhairi aufbauen konnte. Ansonsten habe ich – anders als man vermuten könnte – das Buch mit Interesse aber ohne große Emotion gelesen. Dafür habe ich mich – trotz der Erzählperspektive – Mhairi nicht nah genug gefühlt. Vielleicht, weil die Geschichte so unwirklich erscheint – was sie im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse aber vielleicht gar nicht ist.

Achtung – jetzt kommen mal klitzekleine Spoiler:

Das Ende fand ich etwas dick aufgetragen, da tummeln sich plötzlich eine Liebesgeschichte und geradezu heroisches Handeln dreier Personen. Das wirkte auf mich etwas überladen und hat mir auch nicht gut gefallen – ein leiseres Ende hätte aus meiner Sicht besser gepasst. Aber das ist sicher Geschmackssache.

Fazit: Auch wenn ich einige Kritikpunkte hatte – das Buch ist auf jeden Fall lesenswert. Auf diese Geschichte muss man sich einfach mal einlassen. Das Buch regt zum Nachdenken an und gewährt einen erschreckenden Ausblick auf eine mögliche Zukunft.

Habt Ihr das Buch auch gelesen und wie hat es Euch gefallen?

Rezensionen von anderen Bloggern:

Tintenhain | Letterheart

 

11 Kommentare zu „Davor und Danach (Nicky Singer)

    1. Hallihallo, ja es ist ein Einzelband. Oder sagen wir mal so, das steht nichts von Reihenauftakt oä. Das würde auch nicht zum Buch passen. Schnapp es Dir – ich habe es gestern am Stück gelesen. Liebe Grüße zurück 😁

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      1. Das geht sonntags! Es sind teilweise sehr kurze Kapitel. Es waren natürlich ein paar Stunden, aber im TV lief nix 😉

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    1. Also von mir zumindest in der Bewertung nicht – aber das Cover ist schon toll. Extremer Kontrast zum Inhalt, sicher auch mit Bedacht so gewählt.

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  1. Ich finde auch, dass es eher am Rande eine Dystopie ist, da der Aufbau der neuen Gesellschaft nur eine marginale Rolle spielt. Zum Teil kommt es zum Vorschein, wenn es um „die Spritze“ geht oder die Abschottung nach außen. Mir fehlten jedoch vor allem auch Informationen zur Klimakatastrophe. Ist alles ganz schlimm, alles flieht nach Norden war mir da zu wenig. Dafür fand ich die Fluchterfahrungen sehr gut ausgearbeitet und gut transportiert. Das Konzept der FESTUNG fand ich da auch sehr geeignet und nachvollziehbar und auch, was die harte Flucht mit Mhairi gemacht hat und wie es sie verändert hat.
    Der Schluss, naja, ich hab mich die ganze Zeit gefragt, wie sie das wohl zu Ende bringen will. Das fand ich dann gar nicht so schlecht gelöst, wobei Du mit dem Pathos bei der Verhandlung durchaus recht hast. Aber es war auch schön zu sehen, dass Menschlichkeit und Liebe noch nicht verloren sind. Daran hatte man ja häufig so seine Zweifel.

    Liebe Grüße,
    Mona

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    1. Du hast völlig recht – ich hätte mir auch mehr Informationen zum Weg hin in diese unglaubliche Situation gewünscht. Das Buch wird vermutlich die Gemüter spalten. Ich habe auch bereits von einigen Abbrüchen gehört, da der Einstieg ja etwas anders und gewöhnungsbedürftig ist.
      Aber alles in allem finde ich darf dieses Buch durchaus mal überall auf den Tisch – und sei es nur um das Thema „bewußter Umgang mit der Umwelt“ mal wieder etwas in den Vordergrund zur rücken.

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